Die ersten paar Tage verbringen wir am Strand in Saint-Gilles-les-Bains, um uns einzugewöhnen und unsere Siebensachen und Freunde zusammenzukriegen.
Per Zug zum Flug
Endlich mal wieder eine Fernreise! Nachdem ich den Flug bei Atmosfair kompensiert habe und erfahren habe, dass der so viel CO2 verbraucht, wie mir insgesamt in zwei Jahren zu emittieren zustehen würde, wird das erst mal auch die letzte für einige Zeit bleiben.
Jedenfalls fliege ich mit Vince und Dirk nach La Réunion.
Und dafür fahre ich von Karlsruhe mit dem TVG, ach nee, mit dem ICE, nach Paris.
Erst mal mit der Straßenbahn zum Bahnhof, wie in Karlsruhe gewohnt mit einer Bahn früher, weil die vorgeschlagene Anschlussstraßenbahn nie
rechtzeitig erreicht wird, und so ist es auch heute. Der ICE ist pünktlich und bringt mich in zweieinhalb Stunden nach Paris-Est. Auf den
Plätzen vor mir sitzt eine Familie mit zwei kleinen Jungs; die Mutter liest ihnen aus dem Reiseführer "Paris für Kinder" vor, dass im
Garten von Versailles früher Löwen gehalten wurden und dass die dann später in einen Zoo umgesiedelt wurden. Von da ab sagt der kleinere
Junge nur noch "Löwi, Löwi!" und quengelt den Rest der Fahrt, weil ein Besuch des Zoos nicht im Urlaubsplan steht. Erinnert mich irgendwie
an den Vorfall mit der "ganze Riieswaffli", den ich in einem meiner letzten Wanderurlaube erlebt hatte.
In Paris kann man ganz unkompliziert mit der Metro von Paris-Est zum Flughafen Charles de Gaulle fahren – wenn man es schafft, ein Metro-Ticket zu kaufen. Der einzige Fahrkartenautomat weit und breit ist kaputt, und die Schlange vor dem Service-Schalter ist so lang, dass ich da auch gleich zu Fuß nach Charles-de-Gaulle laufen könnte! Ah, es gibt eine App, man kann Tickets online kaufen. Und dann? Wo wird das verflixte Ticket jetzt angezeigt, gibt's da keinen QR-Code? Bis ich herausgefunden habe, dass ich einfach nur das Handy an die Kontaktfläche an der Durchgangssperre halten muss, sind schon eine ganze Menge Bahnen mir vor der Nase weg gefahren. Geschafft! Ich sitze in der Metro, kann problemlos umsteigen und bin kurz nach drei am Flughafen. Gepäck aufgeben ist auch wieder mehr automatisiert als mir lieb ist, ich hätte gar nicht gedacht, dass ich inzwischen IT-technisch nicht mehr fit genug für diese Welt bin. Jedenfalls bin ich meinen großen Rucksack los und komme nur mit dem Handgepäck und einem Dreiviertel-Liter Wasser im Bauch durch den Security Check. Mit dem Zug zum Gate-Bereich L. Es scheint im ganzen Flughafen keine Eisdiele und kein Restaurant-Café zu geben, wo ich einen Eisbecher essen könnte. Naja, der aus Karlsruhe mitgebrachte Toast tut es auch
.
Noch bevor das Boarding für den Flug startet, trifft Dirk am Gate ein; er hat es rechtzeitig mit dem Flieger aus München geschafft. Vince hingegen sitzt noch am Flughafen Zürich – wegen eines technischen Defektes konnte sein Flieger nicht starten, und er wird den Flug nach La Réunion verpassen. Ärgerlich, sowas schon lange vorher zu wissen und es nicht ändern zu können! Für Dirk und mich hat das den (zugegeben sehr kleinen) Vorteil, dass wir im Flieger einen leeren Platz zwischen uns haben, auf dem wir unseren Kram zwischenlagern können.
Das Onboard Entertainment System bietet eine Webcam mit Blick nach vorne und eine mit Blick nach unten, was beim Start sehr spannend ist. Leider stimmt was mit dem Videofilm-Teil des Systems nicht, so dass erstens, die Crew das System mehrfach neu startet und mir jedes Mal das Kamerabild klaut, und zweitens, Dirk während des größten Teils des Fluges keine Filme anschauen kann.
Erst am Morgen, als wir schon fast da sind, geht's wieder.
Das Abendessen ist wahlweise Hühnchen mit Polenta oder kullerförmige Nudeln mit Sauce, beides mehr oder weniger genießbar. Highlight ist das Schokoladentörtchen zum Nachtisch. Dazu Rotwein oder O-Saft, ganz nach Wunsch.
Ankommen
Meine Schlaftablette wirkt Wunder, ich wache morgens gut ausgeruht auf. Zum Frühstück gibt's ein heißes Teilchen und ein Brötchen, das genauso pappig ist wie das vom Abendessen.
Wir landen um halb neun Ortszeit, das ist halb sieben in Deutschland. Das Wetter ist sonnig, warm und schwül. Unser Gepäck ist auch da, und nach einem Aufwach-Espresso für Dirk geht's zum Schalter der Autovermietung – welcher genau ist es? – in die Warteschlange. Nach einer gefühlten Ewigkeit sind wir glückliche Besitzer eines Autoschlüssels für einen weißen Peugeot 208, der auf dem Parkplatz in der prallen Sonne steht. Unsere beiden Gepäckstücke passen gerade so in den Kofferraum. Dirk fährt. Es holpert etwas, bis er sich an die manuelle Schaltung gewöhnt hat.
Da wir erst um um 15 Uhr in unsere Unterkunft einchecken können, wollen wir erst den Hafen von Le Port anschauen. Der Verkehr hier ist, wie im Reiseführer angekündigt, sehr dicht und wir kommen nur langsam voran.
Wir fahren über die teuerste Straße Europas, die Küstenstraße im Norden, die auf Pfeilern ins Meer gebaut wurde. Die alte Küstenstraße wurde noch an Land gebaut, wird aber von den steilen Klippen ständig durch Steinschlag bedroht und wohl auch zerstört und wird deswegen nicht mehr benutzt.
Die teuerste Straße der Welt, die Küstenstraße im Norden von Réunion. Es ist eine Autobahn, man kann also nicht einfach anhalten, um Fotos zu machen.
Le Port scheint fast nur aus Hafen und Industrie zu bestehen und ist nicht besonders idyllisch, abgesehen von einigen Graffiti.
Nach einem Abstecher nach St. Paul, dessen Innenstadt wir entweder nicht finden oder die ebenfalls sehr langweilig ist, steuern wir den
Aussichtspunkt Cap la Houssaye oberhalb der Klippen an, doch die Straße dahin ist gesperrt. An der Grotte des Premiers Français wenden wir und kurven auf engen Schnellstraßen-Zu- und Abfahrten etwas chaotisch durch die Gegend. Jetzt
haben wir die Nase voll und steuern schnurstracks die Unterkunft an. Les Brisantes Apartment Nr. 72 in Saint-Gilles-les-Bains.
Das liegt in einer gated community. Mit dem Code können wir zwar das Türchen für Fußgänger öffnen, aber nicht das große Tor. Wir warten wie der Ochs vorm Berg, bis ein zweites Auto kommt; sie öffnen mit ihrer Fernbedienung das Tor, und wir können rein fahren. Und wo kriegen wir jetzt unseren Hausschlüssel her? Stellt sich heraus, dass die kleines Safes mit den Schlüsseln außerhalb der Anlage sind! Wie kommen wir wieder raus? Schlüsseleingabefelder gibt's nur von außen. Also einfallsreich das Handy durch den Zaun halten, Selfie-Kamera an und spiegelverkehrt außen den Code eintippen. Die Schlüsselsafes sind ein Grundstück weiter an einem Zaunpfahl. Natürlich funktioniert unser Code da nicht, wie hätte es anders sein können. Liegt wahrscheinlich daran, dass wir den Check-in für 15 Uhr gebucht haben und es
jetzt erst 12 Uhr ist.
Kein Problem:
wir können gegen ein Entgelt von 15 Euro auch schon früher einchecken. Nachdem wir einige Zeit in der prallen Sonne gestanden haben
und mit der Apartment-Vermietung Keylodge telefoniert haben und fast verdurstet sind, lässt sich das Schlüsselfach endlich öffnen und wir können ins Apartment. Dort werden wir vom Lärm der Bauarbeiter begrüßt, die gerade lautstark die Räume über und neben uns mit einem Bohrhammer zerlegen. Hmf. Dirk telefoniert mit unserem Vermieter, ohne etwas ändern zu können.
Obwohl wir völlig fertig sind, machen wir uns also schleunigst auf zum Strand. Dort werden wir von Sonne und Wind für die Strapazen des Tages entschädigt.
Das Wasser ist tatsächlich schön warm und doch kühl genug für eine Abkühlung. Wir planschen und schwimmen ein bisschen. Plötzlich gibt es eine starke Querströmung, es ist, als würde man in einem schnell fließenden Fluss stehen! Das ist lustig, man kann sich quer zum Strand entlang treiben lassen. Selbst wenn man nur bis zu den Knien im Wasser steht, verliert man schon fast das Gleichgewicht. Gut, dass die Strömung quer zum Strand ist und nicht vom Land weg geht! Beim rein- und rausgehen aus dem Wasser muss man aufpassen, denn der Sandstrand liegt voller scharfkantiger Korallenstücke und Steinchen.
Am Strand von Saint-Gilles-les-Bains. Über den Bergen im Osten hängen wie immer an Nachmittag dunkle Wolken.
Zeit für einen Spaziergang auf der Suche nach was Kaltem zu trinken und einem Happen zu essen. Wir entscheiden uns für den Süden.
Oberhalb des Sandstrandes ist ein kleiner Gürtel mit Bäumen, zwischen denen viele Menschen ihre Hängematten aufgehängt haben und gemütlich im Schatten der Bäume abhängen.
Ein Stück weit draußen im Meer gibt es ein Riff, an dem sich die großen Wellen aus dem indischen Ozean brechen.
Wir kommen an einer Station der Strandwacht vorbei; hier ist wohl ein "Loch" im Riff, welches mit einem großen Netz abgesperrt ist; Hinweisschilder warnen vor Haien. Es sind aber keine zu sehen. Weiter südlich gibt's hinter der Strandpromenade ein Lokal mit Biergarten; hier gönnen wir uns kaltes Bier bzw. Cola, kreolische Tapas und vier Kugeln exotisches Eis. So gestärkt geht's weiter nach Süden, bis zum Strand La Hermitage. Und denselben Weg wieder zurück. Einkaufen im Carrefour; Haferflocken, Milch und Apfelmus, Eier und Speck zum Frühstück. Zum Glück! Nachdem ich zu müde bin, zum Abendessen nochmal aus zu gehen, macht sich Dirk alleine auf den Weg, kommt aber nicht weit, weil er weder das Auto-Tor noch die Tür für Fußgänger geöffnet bekommt. Gut, das wir Eier und Speck gekauft haben! Dirk zaubert ein leckeres Omelette mit angebratenem Brot.
Kurz vor Sonnenuntergang in St-Gilles.
Shopping und Snorkling
Am nächsten Morgen müssen wir früh aufstehen, um Vincent vom Flughafen abzuholen. Früh heißt acht Uhr, und das ist keine Minute zu früh, denn ab 8:01 sind die Bauarbeiter wieder aktiv und werfen uns mit lautem Hämmern aus dem Bett. Nach einem gemütlichen
Frühstück machen wir uns auf den Weg, diesmal ohne Umwege, zum Flughafen. Vincent ist schon mit der Gepäckermittlung fertig — sein Koffer kommt erst morgen — und
steht bei der Autovermietung, um sich als zweiter Fahrer für das Auto eintragen zu lassen. Ich lasse mich dann auch noch gleich eintragen, wer weiß, wofür das noch gut ist!
Dann müssen wir shoppen gehen, denn Air France stellt Vince 100 Euro zur Verfügung, um sich mit dem Notwendigsten auszustatten, während er auf das Gepäck wartet.
Badelatschen, Shorts, ein Hemd und ein Shirt später ist es Zeit fürs Mittagessen, in einem Fast-Food-Burrito-Laden, in dem sie kein Spanisch sprechen, aber leckere Tacos und Mango-Ananas-Orangen-Smoothies
servieren. Jetzt können wir auch die Schokopralinen genießen, die Vince extra für uns bei Sprüngli besorgt hat.
Blick vom Balkon unseres Apartments in St-Gilles in den Garten der Anlage.
Dann noch Essen und Wasser für die nächsten Tage einkaufen, und ab geht's zurück nach St-Gilles. Im Apartment erst mal die neuen
Klamotten waschen, bzw. erst mal die verschimmelte Waschmaschine bei 90° im Leerlauf durchlaufen lassen. Dann nix wie an den Strand!
Ich habe seit gestern gelernt und bin perfekt ausgestattet: Taucherbrille und Schnorchel, wasserfeste Schuhe, und für hinterher meine
Hängematte. Dirk schneidet sich beim ersten Badeversuch an einer Eisenstange den Fuß auf. Da ich sowieso mein wasserdichtes Zweithandy für die perfekten Unterwasserfotos holen möchte, gehe ich zurück, um Dirks Erste-Hilfe-Set zu holen. Es soll in dem blauen Beutel in seinem Koffer sein — der Koffer ist voller blauer Beutel! Schließlich finde ich es in dem einzigen schwarzen Beutel.
Am Weg finde ich ein großes
Schneckenhaus mit einer etwas eingetrockneten, unglücklichen Schnecke drin. Die muss ich erst mal in den Schatten setzen und eine Kanne Wasser drübergießen, hoffentlich erholt sie sich!
Nachdem Vincent mir geholfen hat, den Schnorchel so einzurichten, dass er mir nicht ständig aus dem Mund fällt, kann ich das schnorcheln richtig genießen.
Viele lustige kleine und größere Fische, sogar eine Seenadel, und haufenweise Seegurken gibt's zu sehen. Lebendige Korallen sind so nah am
Strand eher selten. Die Fische sind überwiegend sandfarben, mit Streifen oder einzelnen bunten Flecken. Es gibt flache wie Dorie, und
karpfenförmige mit großen "Fühlern". Das wasserdichte Handy ist wohl nicht so glücklich mit dem Seewasser und beschwert sich; außerdem
ist der Akku fast leer. Schade! Später am Tag stellt sich heraus, dass es das Bad nicht gut überstanden hat, der Bildschirm zeigt nur noch graue Störmuster und das Aus-Schalter funktioniert nicht mehr. Hm. Hoffentlich kriegt es sich wieder ein.
Die Hängematte ist super-nützlich, und sei es nur für das gute Gefühl, an alles gedacht zu haben. Im Schatten hin- und her zu schaukeln und aufs Meer zu schauen, nichts könnte schöner sein.
Abhängen am Strand, ganz wie die Profis.
Nach Sonnenuntergang, also gegen 18:30 Uhr, geht Vincent zum Frisör und wir machen uns fein fürs Abendessen.
Das genießen wir dann im Cafe Merli im lokalen Zentrum unseres kleines Stadtteiles von St-Gilles. Es gibt Fisch in verschiedenen Variationen, und Nachtisch ebenfalls in vielen Variationen. Das Thunfischtartar ist sehr lecker, ebenso der Papageienfisch (hoffentlich kein echter!).
Wellness-Tag
Eigentlich wollte ich heute in den Jardin d'Eden, aber heftige Kopf- und Nackenschmerzen machen mir einen Strich durch die Rechnung. Ich warte erst mal im Schatten auf unserem Balkon ab, bis die anderen wach sind; dabei beobachte und fotografiere ich die lustigen Vögel und die vielen kleinen Geckos, die direkt vor meiner Nase auf den Palmen herum klettern.
Geckos auf dem Baum der Reisenden (Ravenala madagascariensis) vor dem Schlafzimmerfenster.
Vincents Gepäck soll heute kommen. Ärgerlicherweise stellt sich heraus, dass der erste Zustellversuch bereits um 10:30 Uhr stattfand, Vincent das aber nicht mitbekommen hat, weil er noch geschlafen und das Handy aus geschaltet hatte. Er telefoniert hinterher und sie versprechen, später noch einmal zu kommen.
Eine Thai-Massage wäre jetzt genau das richtige! Ich buche einen Termin bei Rani. Bis 14 Uhr habe ich noch viel Zeit, die mit Fotografieren, Bericht schreiben und am Strand abhängen verbracht wird. Vincents Handy beschließt, nicht mehr zu funktionieren; sein schweizerischer Provider hat ihm horrende Roaming-Gebühren berechnet und nach 800 Franken (etwa 800 Euro) die SIM-Karte gesperrt, obwohl er brav die Kostenkontrolle auf 50 Franken gestellt hatte 😡. Das macht die ganze Logistik mit dem Gepäck schwieriger, da er telefonisch erreichbar sein muss. Wir richten einen zweiten Account auf meinem Handy ein,
und so schaffen wir es, dass Dirk und Vincent auch noch eine Massage bekommen (um 15 und 16 Uhr, in einem 4* Hotel) und auch noch etwas Zeit am Strand verbringen können.
Eigentlich wollten wir dann am Wasser entlang nach Norden Richtung Hafen, aber als wir gerade los wollen, erzählt und die Dame vom Gepäckservice, dass das Gepäck irgendwann in der nächsten Stunde eintreffen sollte. Also dann essen wir doch hier zu Abend, im Strandrestaurant, das direkt bei unserem Apartment liegt.
Die Kellnerin versteht fast kein Englisch und mit Händen und Füßen bestellt Vincent einen "Spritz" als Aperitif, ich einen Petit Volkan und Dirk einen Rosé. Vorspeisenmix für Vincent; Ente für Ute. Alles sehr lecker und die Aussicht auf den Sonnenuntergang macht es natürlich noch besser. Gerade als wir uns auf den Heimweg machen, ruft endlich der Gepäckfahrer an.
Ich verstehe kein Wort von dem, was er sagt, aber er versteht, dass wir in cinq minutes am Tor sein werden. Wäre das also auch geschafft!
Auf in die Berge
Ich schleiche mich um Viertel vor sieben aus dem Haus, um noch ein paar Fotos vom Strandgut zu machen. Es ist gerade Ebbe, und teilweise schauen die Riffe aus dem Wasser. Im flachen Wasser waten zwei Männer herum, bis zum Bauch im Wasser und jeder mit einem Stock und einem Rucksack ausgerüstet. Einer bückt sich und holt etwas aus dem Wasser - von weitem sieht es aus wie ein großer Oktopus, so gut eine menschliche Armlänge im Durchmesser (incl. seiner Arme).
Als einer der Männer ans Land watet, frage ich ihn, was sie da suchen, und er antwortet tatsächlich pieuvre, das französische Wort für Krake.
Hier war über Nacht wohl richtig was los! Spuren im Sand.
Die Korallen sind so mehr oder weniger fotogen. Die Sonne ist zwar schon über dem Horizont, aber noch nicht über die Palmen hinweg, und diese werfen lustige Schatten-Licht-Streifen auf den Strand.
Die üppigen grünen Pflanzen am Strand sind tatsächlich Klee, nur "etwas" größer als bei uns – ein einzelnes Kleeblatt ist ungefähr handtellergroß.
Der Strand ist übersäht mit Bruchstücken von Korallen. Bei Ebbe werden Teile des Riffs sichtbar. Außerhalb des Riffs kann man angeln und tauchen.
Auf dem Rückweg begegne ich zwei Katzen, von denen eine vorwitzig ihre Nase in mein Makro-Objektiv hält. Wieder zu Hause sehe ich zum Glück schon Vincent auf dem Balkon. Das heißt, dass Dirk auch schon auf ist und ich, ohne jemanden zu wecken, wieder rein kann (Dirk schläft nämlich auf der Couch im Wohnzimmer, durch das man immer durch muss, wenn man raus oder in die Küche will).
Schnell den Tisch fürs Frühstück gedeckt; Dirk macht Arme Ritter à la Réunion aus den restlichen Eiern. Dann heißt es aufräumen und packen, bis um 11 Uhr müssen wir den Schlüssel im Keysafe deponiert haben. Natürlich stimmt der Code für den Keysafe wieder nicht,
oder immer noch nicht, und Dirk muss noch ein letztes Mal mit dem Keylodge-Service telefonieren.
Dann haben wir diese Hürde genommen und auf geht's Richtung Innenstadt von St. Gilles, um Tauchclubs und die Touristeninformation auszukundschaften.
In der Post versucht Vincent Geld abzuheben, aber der Automat funktioniert gerade nicht. 10 Minuten warten hilft. Währenddessen besorge ich schon mal ein paar Briefmarken. Leider sind die hübschen mit Magellan und Cook drauf nur innerhalb Frankreichs zu gebrauchen, so dass ich die langweiligen für die internationalen Briefe kaufen muss.
An der Touri-Info treffen wir auf eine sehr engagierte, freundliche junge Dame, die uns gleich auf deutsch anspricht und uns begeistert alle Informationen raussucht, die wir brauchen, und die uns auch eine Übernachtung in La Nouvelle in Mafate bucht. Weil Ostern ist, sind viele Unterkünfte schon ausgebucht, und Dank ihr bekommen wir doch noch drei Plätze im Schlaflager.
Hafen und Uferpromenade von St-Gilles.
Wir kommen an einem Blumenladen vorbei, in dem keine Rosen oder Lilien, sondern riesige tropische Blumen verkauft werden.
Jetzt ist es Zeit fürs Mittagessen. Erst mal ein Eis, dann wahlweise Banane oder Thunfisch-Wrap oder Salat mit Serranoschinken und Pesto. Ein paar Postkarten kaufe ich auch noch. Dann geht's zum Strand; nachdem der Strand nördlich des Hafens nichtexistent war, weil die Küste mit dicken vulkanischen Felsen bedeckt ist, geht's nach Süden an den Surfer-Strand. Der Sand ist so heiß, dass man kaum barfuß darauf herumlaufen kann. Und die Strömung im Meer ist so stark, dass man auch nicht gefahrlos schwimmen kann; die Wellen ziehen einen rein oder raus oder kreuz und quer. Weiter draußen sind Wellensurfer mit ihren Boards unterwegs, und auch Taucher, alles gut bewacht von einem Schlauchboot der Wasserwacht, das nach Haien Ausschau hält.
Schattenplätze sind rar. Am Hintereingang eines Restaurants, das noch nicht geöffnet hat, stehen zwei Holzbänke, direkt neben der öffentlichen Dusche/Toilette. Die Klo-Infrastruktur ist bisher überall prima, und es ist auch meist halbwegs sauber. Dort verzehren wir das Essen. Etwas von dem Pesto hat sich auf Vincents Jeans verteilt, die er im selben Rucksack transportiert hat.
Nach dem Essen springen die Jungs nochmal kurz ins Wasser und wir machen ein Fotoshooting. Wie immer, und von hier aus besonders gut zu erkennen, hängen dunkle Wolken über den Bergen. Hier in St-Gilles ist es immer noch sonnig, heiß und trotzdem feucht.
Jetzt lassen wir Strand und Küste hinter uns und fahren in die Berge! Die gewundene Bergstraße hinauf nach Dos d'Ane. Die Reifen sind mit dem Turbo-Loch und dem Turbolader etwas überfordert und mehr als einmal drehen sie durch. Schließlich erreichen wir die Unterkunft Gîte étape chez Paule et jo,
wo uns der Wirt, Matthieu, herzlich begrüßt. Er hat unsere Buchung von drei Betten im Schlafsaal kurzerhand auf zwei Doppelzimmer geändert, so dass ich endlich mal mit dem guten Gewissen ins Bett gehen kann, dass ich beliebig früh aufstehen kann, ohne Dirk zu wecken. Und was passiert? Er stellt seinen Wecker eine halbe Stunde früher als ich meinen...
denn morgen müssen wir früh aufstehen, um den Wolken zuvor zu kommen.
Wir werden den ersten Blick auf den sagenhaften Cirque de MaFate werfen.