Ambositra
Es geht weiter Richtung Süden, Richtung Ambositra. Das
Land ist bergig und baumbewachsen. Es handelt sich um Tapia-Bäume,
deren eßbare Früchte von den Menschen am Straßenrand verkauft
werden. Wir fahren lange Zeit am Fluß Fatihita entlang. Der Fluß ist
die Lebensader, sein Wasser wird für die Reisfelder genutzt, zum
Waschen der Wäsche und der Zebus. Es ist genauso braun wie das des
Ikopa-Flusses in Tana.
In
Beronono essen wir in einem kleinen malegassischen
Restaurant zu Mittag. Der Blick aus dem Fenster ist abwechslungsreich:
ich kann einen Brunnen beobachten, an dem nacheinander mehrere Frauen
etwas waschen: die eine ihre Hände, die andere ihrem Baby den A..., die
dritte die Wäsche. Frank
probiert heute mal die Mofogasy-Reiskuchen, runde, handteller-große
Fladen, die etwa 2cm dick sind und aus einem klebrigen Teig bestehen. Sie
werden mit Zucker gegessen. Der Kaffee dazu ist auch nicht schlecht.
Am Straßenrand
kaufen wir noch eine Ananas für heute Abend. An demselben Stand wird
auch noch etwas anderes angeboten: Honig. Und zwar in gebrauchten
1,5-Liter Limo-Flaschen.
Auf der Weiterfahrt gibt es viele
gute Foto-Gelegenheiten. Die Bäume hören auf und es ist wieder alles
voller Reisfelder. Der Stamm der Betsileo (=unbesiegbar), der in und um Ambositra lebt,
ist für seine kunstvoll angelegten Reisterassen bekannt.
Gegen 15 Uhr kommen wir im Hotel Sokela de la Mania
am Stadtrand von Ambositra an. Das Zimmer bietet einen
schönen Ausblick über die Reisfelder. Für heute Nachmittag steht noch
der Besuch der Holzschnitzer auf dem Programm. Beim Versuch, das
Hotel zu verlassen, werden wir auf dem Parkplatz von drei Frauen
angehalten, die versuchen, uns Schals zu verkaufen. Die Schals sind
nicht gerade besonders hübsch. Dafür sind sie aus der Spinnenseide der
Nephila. Ich möchte eigentlich keinen kaufen, und als die
Frauen das merken, beginnen sie zu feilschen, ich will aber wirklich
keinen, egal wie billig. Patrick handelt dennoch weiter und
präsentiert stolz einen kleinen, den er auf 6.000 Ariary
runtergehandelt hat. Damit das Theater ein Ende hat, kaufe ich
ihn. Es sieht so aus, als ob Patrick dafür von den Frauen einen Schal
umsonst bekommt. Ich fühle mich irgendwie über den Tisch gezogen.
Der Stamm der Zafimaniry, der hier in der Nähe lebt, ist weltweit
bekannt für seine Holzschnitzkunst. Und natürlich gibt es hier auch
die passenden Souvenir-Läden. Gleich ein paar Meter die Straße runter
sind welche. Patrick nimmt das Auto mit, wir gehen zu Fuß. Hinter den
Läden sind die Werkstätten, mehrere Personen sind beschäftigt,
verschiedene Dinge zu schnitzen bzw. mit Hammer und Meißel aus dem
Holz zu arbeiten. Es wird überwiegend Eukalyptus-Holz verwendet. Wegen
der Erfahrung mit dem Schal sind wir nicht in der Stimmung, hier Geld
auszugeben. Die Läden sind echte Touristenfallen. Das Zeug, was
angeboten wird, sieht nicht unbedingt landestypisch aus: unheimlich
viele christliche Krippen- und Jesus-Figuren, Schachspiele und Köpfe
mit ägyptischen Gesichtszügen. Selbst die für Madagaskar typischen
geschnitzten Holzlatten mit stilisierten Zebu-Köpfen, die zur
Markierung von Gräbern verwendet werden, kommen ursprünglich nicht
hier aus der Gegend, sondern von weiter südlich. Nur die
langgliedrigen Holzfiguren sind von hier.
Patrick gibt nicht auf und fährt mit uns in die Innenstadt, um noch
einen ganz besonderen Laden anzusehen. Das lohnt sich dann doch noch:
dort im Hinterhof arbeitet ein älterer Mann an Intarsien. Er verwendet
verschiedene Holzarten, deren Farbe durch Einlegen in Schlamm
verstärkt wird. So erhält er grün, rot, gelb. Mit Hilfe einer
selbstgebastelten Laubsäge sägt er feinste Figuren, Palmen, Bäume,
Häuser, aus und paßt die Teile dann aneinander. Die Sägeblätter stellt
er selber her aus Drähten, die aus alten Autoreifen gewonnen
werden. Die werden dann plattgeklopft und geschliffen und anschließend
mit einem Meißel die Sägezähne reingeschlagen. Gerade als wir die
Werkstatt betreten haben, geht draußen ein gewaltiger Regenschauer
los, und wir können erst mal nicht wieder raus. Der Alte zeigt uns am
Beispiel eines Madakaskar-förmigen Schlüsselanhängers, wie er
arbeitet.
Erst mit Pauspapier das Motiv aufs Holz
zeichnen. Aussägen. Dann die Umrisse des ausgesägten Stückes auf ein
andersfarbiges Holz übertragen und ein entsprechendes Loch aussägen. Dann die
Kanten glätten und mit Kleber einschmieren und dann das erste Stück in
das passende Loch im zweiten einsetzen. Mit Hilfe eines Glas-Stückes
wird dann die Oberfläche geglättet (wie mit einem Hobel). Er schenkt
uns den Anhänger, für den er etwa 10 Minuten gebraucht hat, und wir
geben ihm als Dank für die Vorführung 5.000 Ariary (was Patrick für
angemessen hielt). Im benachbarten Laden kostet eine kleine
Schatzkiste mit mehrfarbigen, feineren Intarsien an der Seite gerade
mal 10.000 Ariary. Da der Ladenbesitzer wohl auch noch was verdienen
wird, bleibt für den Arbeiter nicht viel übrig (er gehörte nicht zum
Laden, er arbeitet nur zufällig dort).
Ambositra hat nur etwa 13.000 Einwohner und trotzdem herrscht genauso
ein Verkehrschaos wie in Tana. Es dauert eine Weile, bis wir wieder am
Hotel sind. Wir sind ja lernfähig, essen also diesmal die Ananas am
offenen Fenster, so daß der Saft und die Ameisen draußen
bleiben. Dabei beobachten wir den Sonnenuntergang. Es ist ein schöner
mückenfreier Abend.
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