In Saint-Leu und Boucan-Canot sind wir am Strand und doch nicht am Strand. Verschiedenen Gärten und Anlagen laden zum Besuch ein; Schildkröten und Chamäleons warten auf Fotografen.
Geburtstag in Saint-Leu am Strand
Heute ist Dirks Geburtstag! Da ich wie üblich als Erste wach bin, bereite ich den Geburtstagstisch vor: Schokotörtchen,
Schokoladenostereier und die Glückwunschkarte, die Vincent besorgt hat.
Dazu ein länglicher Zettel mit Erklärungen: dass ein Gecko im Teekocher war; wo das Eis zu finden ist und wo ich heute zu finden sein werde. Dann
schnell frühstücken und auf zum Bus. Der ist sogar schon vor der Zeit da, ist die Endhaltestelle hier. In 20 Minuten bringt er mich zum
botanischen Garten. Wenn man möchte, dass der Bus anhält, muss man zwei Mal in die Hände klatschen. Habe ich bei den Fahrgästen beobachtet,
die vor mir ausgestiegen sind. Wer weiß, ob die "Stop" Knöpfe im Bus überhaupt funktionieren!
Mascarin, Jardin Botanique de la Réunion liegt auf etwa 500m Höhe. Von hier aus hat man einen phantastischen Blick über die Bucht von St-Leu. Das finden
wahrscheinlich auch die Paraglider, die mit mir zusammen im Bus hinauf gefahren sind. Sie steigen weiter oben aus und landen dann unten bei
der Schildkröten-Rettungsstation praktisch direkt neben der Bushaltestelle, um wieder hinauf fahren zu können.
Der Garten öffnet um neun Uhr, ich bin kurz vorher da und der erste Besucher. Phantastisch, diese Ruhe. Kaum habe ich das Tor
durchschritten und spaziere die ersten Schritte Richtung Besucherzentrum, geht es mir besser. Perfekt zum Entspannen. Und natürlich, um
Fotos zu machen.
Riesige Seerosen blühen im Teich - nur morgens! Mittags klappen sie ihre Blüten zu. Im Palmengarten: durch die Palmen hindurch sieht man immer wieder Paraglider.
Der Garten besteht aus verschiedenen Bereichen: Wasserpflanzen, Palmen, Kakteen, Nutzpflanzen usw. Der Palmengarten ist
der beeindruckendste Teil. Zwischen den hohen Stämmen hindurch sieht man immer wieder die Paraglider, die geräuschlos direkt über den Garten hinweg
gleiten. Und Palmen sind überhaupt sehr schöne Pflanzen. Auch die Kakteen sind interessant, und der Rest auch. Auf dem Weg zu den
Nutzpflanzen sehe ich ein Chamäleon in einem Busch sitzen. Mein erstes! Und gleich ein so fotogenes
Weibliches Pantherchamäleon im Jardin botanique de la Réunion
Mittagspause wollte ich eigentlich in der Bamboo Groove machen. Die Mücken, die es an diesem schattigen Ort in Massen gibt, machen mir
einen Strich durch die Rechnung. Schnell ein Foto und dann nichts wie wieder raus hier!
Lieber in dem luftigen, mit Rankpflanzen bewachsenen Gazebo essen. Heute gibt's nur Müsliriegel, die sind zwar nicht mehr riegelförmig,
aber trotzdem lecker.
In der Bamboo Groove des Jardin botanique.
Und dann wird es schon Zeit für den Rückweg, denn ich bin um halb zwei mit Vincent in der Schildkrötenstation Kélonia verabredet. Dirk schont sein
Bein und bleibt zuhause bzw. am Strand vor der Haustür. Wieder klappt das Busfahren problemlos. Ich bin etwas zu früh, Zeit für ein Eis am
Kiosk vor der Station. Schokolade-Pistazie.
Vincent braucht erst noch was kaltes zu trinken, er ist zu Fuß vom Apartment hergekommen. Der Wächter am Eingang lässt ihn dann nicht
rein: bitte ein Shirt anziehen, und bitte erst austrinken! Ich kaufe schon mal die Eintrittskarten. Die Station gehört zum Verbund der
Museen in Réunion, genau wie die Cité du Volcan. Es gibt keine Führung auf Englisch, man verweist uns auf die Museums-App. Die hat bei
mir schon am Vulkan nicht richtig funktioniert. Egal, wir sind schließlich hier, um Schildkröten zu sehen und nicht, um lange Erklärungen
anzuhören. Und Schildkröten gibt es, gleich hinter dem Eingang ist ein großes Becken, in dem Exemplare verschiedener Arten herum schwimmen:
Unechte Karettschildkröte, Grüne Meeresschildkröte und Lederschildkröte. Man kann sie sowohl von oben als auch durch eine Glasscheibe unter
Wasser beobachten. Faszinierend!
Meeresschildkröten in der Station Kélonia.
Natürlich gibt es auch jede Menge Infos zu den Tieren und zu den Gefahren, die auf sie lauern. In der
Mitte der Anlage ist ein Aussichtsturm, von dem aus man die verschiedenen Becken und die Pumpanlage sehen kann. Frisches Meerwasser wird
durch einen kleinen Tunnel aus der Lagune in die Station gepumpt, dann gefiltert und direkt in die Becken geleitet. Anschließend wird es
biologisch geklärt und gleich wieder zurück ins Meer geleitet. Es gibt kleine Becken für junge Schildkröten, mehrere Quarantänebecken für
Neuzugänge, Rekonvaleszenzbecken, eines für die Paarung und zwei große für jene Schildkröten, die langfristig in der Station bleiben
müssen, weil sie aufgrund von Verletzungen draußen nicht überlebensfähig wären. Einer fehlt zum Beispiel die rechte Vorderflosse.
Im Inneren gibt es noch ein paar ganz kleine Becken mit ganz kleinen Schildkröten. Die sind nur durch eine Glasscheibe zu sehen und nicht
öffentlich zugänglich.
Im Außenbereich gibt es noch malegassische Strahlenschildkröten, die sich ihr Gehege mit einem Huhn und ein paar Küken teilen, und eine
Riesenschildkröte. Wir drehen eine Extra-Runde, um noch eine Weile im Inneren vor der großen Glaswand zu sitzen und den
Meeresschildkröten beim Schwimmen zuzusehen. Wirklich faszinierend.
Seeigel am Strand von St-Leu.
Dann machen wir uns auf den Rückweg nach St-Leu. Immerhin ist es Dirks Geburtstag und wir sind um halb sechs mit ihm verabredet, um bei
einem Sundowner den Sonnenuntergang zu beobachten.
Schnell einmal Duschen für alle, dann werfen wir uns in Schale und gehen zum Restaurant Le Lagon, wo Dirk und Vincent einen Tisch
reserviert haben, als sie gestern zum Vorkosten da waren. Kurze Diskussion: der reservierte Tisch ist nicht der, den sie gestern ausgeguckt
hatten. Also ziehen wir erst mal in den "Drinks only" Bereich um, von wo aus man mit etwas Phantasie etwas mehr vom Sonnenuntergang sieht.
Da gibt's dann für jeden einen Cocktail, für mich einen "Rose is Back", das alkoholfreie Äquivalent vom Moscow Mule, das ebenfalls in
einem Kupferbecher serviert wird. Sehr lecker.
Nach Sonnenuntergang geht's dann wieder zurück an den Esstisch. Dirk lädt uns heute ein – vielen Dank, sehr großzügig! Komischerweise
gibt's hier den "Rose is back" nicht mehr, aber der Ersatz schmeckt auch nicht schlecht. Wer mag, trinkt Champagner. Thunfischtartar mit Ananas und ein großer Eisbecher mit Passionsfruchteis und
Erdbeersoße. Ich bin ja
ganz schön viel herum gerannt heute, ich habe es verdient.
Vincent möchte nach dem Essen nochmal an den Strand (und ins Wasser springen), Dirk ist überfressen und möchte lieber nach Hause. Ich begleite ihn, da ich schon fast
im Stehen einschlafe. Gute Nacht!
Ins Paradies
Ich habe mit Madame Flora vom Apartment verabredet, dass wir heute um 12 auschecken. Sie wird dann vorbeikommen, alles überprüfen und
hoffentlich die Kaution zurückzahlen. Bis dahin ist noch viel Zeit. Da die Jungs beim Eis geschwächelt haben, ist es heute mein Job, das
aufzuessen; dazu die drei matschigen Bananen, die ihren Ausflug ins Eisfach nicht so gut weggesteckt haben. Mein erstes Frühstück besteht
also aus einem halben Topf Cookie-Dough-Eiscreme.
Das Schnorcheln soll hier besonders schön sein, und zum Apartment
gehören sogar zwei Schnorchelmasken. Also nix wie los! Dirk bleibt zuhause und hütet seinen Fuß. In fünf Minuten sind wir am Strand, eine
Minute später im Wasser. Das ist heute morgen ziemlich kühl für hiesige Verhältnisse. Und flach – um 10 Uhr wird Ebbe sein. Es macht Spaß,
zwischen den Korallen herumzuschwimmen, die man fast mit dem Bauch berührt, und die Fische zu beobachten. Seegurken gibt's hier keine, dafür entdecke ich unter zwei großen
Korallenstöcken zwei riesige Seeigel, mindestens einen halben Meter im Durchmesser. Da sollte man besser nicht reintreten! Einige Korallen
sind wohl noch lebendig und leuchten blau. Verschiedene Fisch verstecken sich unter und zwischen den Korallen, andere schwimmen einfach so
in der Gegend herum. Mit der Zeit wird es mir zu kalt und ich lege mich eine Weile zum Trocknen in die Sonne, die jetzt am Morgen noch
recht schwach ist.
Langsam wird es dann doch Zeit, die Sachen zu packen. Ich bin rechtzeitig fertig, um uns allen noch ein zweites Frühstück bzw. frühes
Mittagessen aus Bananenmus und Eis zu machen - wieder esse ich mehr als die Hälfte vom zweiten Eisbecher alleine.
Madame Flora kommt pünktlich und findet alles zu ihrer Zufriedenheit.
Jetzt geht's auf ins Paradies, genauer gesagt in den Jardin d'Eden, einen Garten oder Park, in dem es auch Chamäleons geben soll. Acht Euro
kostet der Eintritt, und es lohnt sich sofort: als ich am Eingang nach den Chamäleons frage, rennt ein Herr gleich los und zeigt mir eines
in einem Bambus. Dirk kommt erstaunlich schnell hinterher, wie immer, wenn es etwas zu fotografieren gibt.
Pantherchamäleons im Jardin d'Eden. Die Weibchen sind rotbraun, die Männchen grün.
Dieses Chamäleon leckt die Regentropfen vom Bananenblatt.
Auch dieser Garten ist in
verschiedene Gebiete geteilt; Wasserpflanzen, Kakteen usw. Wir sehen insgesamt fünf Chamäleons, von denen eines sogar gerade auf der Erde ist
und sich besonders gut fotografieren lässt. Der Jardin d'Eden ist wesentlich kleiner als der Jardin botanique, deswegen sind wir auch
schneller fertig.
Rose de porcelaine (Etlingera elatior) und Baobab im Jardin d'Eden.
Unsere nächste Übernachtung liegt in Boucan-Canot, ein Stückchen nördlich von hier. Es ist verabredet, dass wird dort ab 17 Uhr einchecken;
noch ist es viel zu früh. Also erst mal den Strand inspizieren. Heute, am Sonntag, ist viel los hier, es gibt fast keine Parkplätze
mehr. Wir haben Glück, dass gerade jemand wegfährt. Am Strand findet ein Beachvolleyballturnier statt. An einer Ecke an einer Klippe wohnt
jemand, er hat "sein" Grundstück mit einem Zaun umschlossen, der aus allerlei Treibgut besteht. Der überhängende Felsen bietet ihm Schutz
vor Regen. Im "Garten" gedeihen eine imposante Hanfpflanze und etwas Mais.
Das Restaurant am Strand bietet am Nachmittag nur Cocktails, aber nichts zu essen, also zieht es Vincent weiter zum nächsten
Strandabschnitt. Er und Dirk wollen mit dem Auto dahin. Da alles jetzt schon in Laufentfernung von der Unterkunft ist, bleibe ich noch ein
Weilchen und starre aufs Wasser. Auch die Klippe muss natürlich erkundet werden! Oben drauf bereiten zwei Damen einen Tisch für ein
romantisches Sonnenuntergangsdinner vor und man hat einen tollen Blick in alle Richtungen.
Schließlich rufe ich den Concierge an, damit er uns in Empfang nimmt. Die Straße, an der das riesige Apartmenthaus liegt, ist noch nicht
mal in OpenStreetMap verzeichnet, aber schließlich finde ich es doch und schicke gleich erst mal einen Screenshot mit meiner Location
an Dirk und Vincent. Der Concierge spricht kaum Englisch, und wir verständigen uns mit Händen und Füßen. Unser Apartment liegt gleich im
Erdgeschoss. Um hinein zu kommen, muss man erst außen am Grundstückstor einen Chip an den Sensor halten, dann drinnen an der Haustür einen
Code eintippen und schließlich das Apartment mit dem Schlüssel öffnen. Man kann es auch übertreiben! Es gibt auch einen Hintereingang, bei
dem man einmal Code eintippen sparen kann.
Gleich rechts ist das Schlafzimmer, das mit Doppelbett und Schlafsofa definitiv überfüllt ist. Dann kommt ein Flur mit der Küche. Hinten
liegt das Wohn-Esszimmer, und ganz am Ende kommt man raus auf eine kleine Veranda. Der Kühlschrank hat Pipi gemacht – er wurde offenbar
abgetaut und niemand hat aufgewischt. Der Concierge ist eifrig dabei, die Pfütze zu beseitigen.
Ich hole Dirk und Vincent ab, die mit dem Auto vor dem verschlossenen Tor stehen. Heute müssen alle ihre Sachen im Wohnzimmer lagern und
auspacken wegen des kleinen Schlafzimmers.
Die Jungs wollen gleich wieder los an den Strand. Es ist auch fast Zeit für den Sonnenuntergang. Wir sind schon so lange hier, dass sich
die Sonnenuntergangszeit von anfangs 18:25 auf inzwischen 18:03 Uhr vorverlegt hat – wir nähern uns dem australischen Winter. Gleich das
erste Restaurant sieht sehr vielversprechend aus. Während die Jungs sich ins Wasser stürzen, stürze ich mich auf einen der freien Tische
direkt am Strand, mit perfekter Sicht auf den Abendhimmel. Es ist bewölkt und von der Sonne ist nichts zus sehen, dennoch leuchtet der
Himmel in Rot und Orange und liefert ein schönes Spektakel, wozu ein Cocktail und ein paar Bouchons de poulet (Teigtaschen mit Hähnchen) gut passen.
Sonnenuntergang bzw. Abendstimmung im Resturant Ti Boucan in Boucan-Canot.
Die besten Tische bekommt man nur, wenn man mit genug Personen da ist und Abendessen möchte – ich hoffe also, dass die Jungs bald
auftauchen, bevor die Kellnerin misstrauisch wird. Funktioniert prima. Die bestellen auch erst mal Vorspeise: getrocknete Sardellen. Die
sind ziemlich salzig — wer hätte das gedacht?
Zum Hauptgang wählen Vincent und ich wieder Thunfisch-Tartar; aus der reichen Auswahl kann sich jeder drei verschiedene Sorten aussuchen.
Apfel-Kiwi ist mein Favorit. Zum Nachtisch heute nur einen Limoncello, der kein echter Limoncello ist.
Gerade als ich mal "um die Ecke" muss, gibt's ein großes Spektakel. Lautes Gebell, Leute springen auf, ein Tisch stürzt um. Zwei Hunde haben sich ineinander verbissen und ihre Besitzer ziehen an deren jeweiligen Hinterteilen, um sie zu trennen. Kaum sind sie auseinander, ist wieder Ruhe.
Grand-Bénare
Vincent kriegt heute seine versprochene Wanderung als Ersatz für den Piton des Neiges. Wir brechen um acht Uhr auf. Knapp entgegen wir dem Verkehrsstau auf der Autobahn. Fast die ganze Fahrt geht es in Serpentinen bergan, immerhin müssen wir vom Meereshöhe auf 2000m zum Maïdo. Hier fährt sogar ein Bus!
Unterwegs kaufen wir noch ein Baguette, das stilecht so im Rucksack verstaut wird, dass es oben heraus schaut.
Unterwegs sehen wir ein Auto, das mit den beiden rechten Rädern im Straßengraben hängt. Zwei junge Leute stehen daneben und gucken blöd. Die haben wohl die Kurve zu eng genommen. Jemand vom Abschleppdienst schaut sich die Sache an. Kann man ja nicht so einfach rausziehen, wenn zwei Räder in der Luft hängen und das Auto mit dem Unterboden auf der Straße aufliegt.
Gegen neun Uhr erreichen wir den Parkplatz am Aussichtspunkt. Stiefel an und los! Es ist natürlich ein Touristen-Hotspot. Der Ausblick über den Cirque de Mafate ist wirklich spektakulär. Im Osten sieht man den Piton des Neiges, im Süden die 1000m hohe Felskante, den Rempart de Mafate, an dessen Ende der Grand-Bénare liegt, unser Ziel.
Blick vom Maïdo nach La Nouvelle. Der helle Fleck im Vordergrund ist der offizielle Hubschrauberlandeplatz des Ortes.
Der Weg führt meist recht nah an der Kante entlang, aber niemals so, dass man tatsächlich abstürzen könnte. Hier wächst viel Ginster, der
gelb blüht; gelbe Asteraceae und die gelb-blühenden Büsche, die wir schon vom Piton de la Fournaise her kennen. Bäume gibt's in
dieser Höhe nicht mehr. 2020 gab es hier ein Feuer, und man sieht teilweise noch die verbrannten Sträucher, obwohl schon wieder viel Grün
wächst. Zwischen den Büschen guckt überall die erstarrte Lava hervor.
Blick vom Maïdo auf den Rempart de Mafate. An dessen Ende liegt der Gipfel des Grand-Bénare.
Als erstes, gleich hinter
dem Aussichtspunkt, erreichen wir den Gipfel des Maïdo. Hier gibt es kein Gipfelkreuz, aber eine kleine Madonnenstatue und eine Art
Schrein, wie wir es schon häufig unterwegs beobachtet haben.
Der Weg führt mehr oder weniger stetig aufwärts, von ein, zwei kleinen Bachbetten abgesehen, die wir überqueren.
Panoramablick über den Cirque de Mafate. Links der Rempart, rechts der Piton des Neiges. Links und rechts im Vordergrund Teile des Weges zum Grand-Bénare.
Je weiter der Vormittag vorrückt, desto mehr Wolken ziehen auf, von Südosten her. Kurz bevor wir am Gipfel des Grand-Bénare ankommen, so
kurz vor eins, ist
vom Cirque de Mafate nichts mehr zu sehen, nur der Piton des Neiges schaut noch heraus. Vincent hat es plötzlich sehr eilig und stratzt
voraus, ich schnaufe in meinem eigenen Tempo hinterher. Die dünne Luft! So kann Vincent noch einen Blick in den Cirque de Cilaos und auf
die Stadt Cilaos erhaschen, der mir von den Wolken verwehrt wird. Unser Gipfelfoto könnten wir auch an jedem beliebigen anderen Ort mit
Wolken im Hintergrund gemacht haben. Felix' Kommentar dazu: "Das kommt mir sehr bekannt vor, auch wenn ich noch nie auf Réunion war." (wir
haben ihm das Bild per Chat geschickt, wie man das heute halt so macht).
Das Mittagessen schmeckt trotz Wolken, und wir genießen die Pause. Es wird ein bisschen kühl mit dem frischen Wind und ohne Sonne, aber für
2898m ist es immer noch sehr warm, verglichen mit den Alpen. Wir beschweren uns nicht.
Typische Pflanzen der Gegend zwischen Grand-Bénare und Maïdo.
Für den Abstieg nehmen wir eine etwas andere Route, nämlich über die Caverne de la Glaciére. Anfang des 19.Jahrhunderts mussten Sklaven hier im
Winter das Eis, das sich auf den Tümpeln des Grand Ravine bildete, "ernten" und in künstlichen Brunnen-Höhlen lagern, bis es im Sommer in
St-Paul gebraucht wurde. Dann mussten sie es zu Fuß hinunter tragen, 60km weit. Ein undankbarer Job.
Unser Vorteil ist, dass wir einen großen Teil der Strecke jetzt auf diesem Sentier de la Glacière laufen können. Dadurch kommen wir wesentlich
bequemer und schneller voran als auf dem Premium-Wanderweg am Rand des Abgrundes. Bald erreichen wir den Parkplatz, und dann geht's in
hurtiger Fahrt hinunter zum Strand. Vincent möchte noch rechtzeitig zum Baden zurück sein. Immerhin legen wir noch zwei kurze Fotopausen
ein, um den wolkenverhangenen Himmel unter uns zu fotografieren.
Dirk erwartet uns im Apartment, allerdings am falschen Eingang; wir sind durch die Hintertür gekommen. Die beiden Jungs rennen dann sofort
wieder zum Strand; ich mache mir einen gemütlichen Abend zuhause. Die Veranda ist durch zwei schwere Rollläden von der Außenwelt abgetrennt.
Der Concierge hatte mir gesagt, dass wir die Rollläden immer herunterlassen sollen, wenn wir nicht zu hause sind, weil sonst irgendetwas
hereinkäme, was wir drinnen nicht haben wollen – ob er Katzen (hier reichlich vorhanden) oder Räuber meinte, habe ich leider nicht
verstehen können. Raufkurbeln ist bekanntlich schwerer als runter, und dieser Rollladen klemmt besonders, aber ich schaffe es doch noch, das
letzte Licht des Tages hereinzulassen, bevor die Sonne ganz untergeht. Man hat einen schönen Blick auf die Kokospalmen in der Gartenanlage
des Apartments. Es war ein anstrengender Tag und ich bin schon vor neun Uhr im Bett, lange bevor Dirk und Vincent vom Essen wiederkommen.
Morgen geht es nochmal in den DschunGel.